veröffentlicht in den Aalener Nachrichten am 04.01.2023
Ein Bericht von Timo Lämmerhirt, Redaktionsleiter der Aalener Nachrichten
Jubiläum in der Jurahalle
Längst mehr als Laientheater nach 30 Jahren Bühne
Aalen-Ebnat
An diesem Wochenende wird es ernst, obwohl es lustig wird. Die Theatergruppe des SV Ebnat feiert 30-jähriges Bühnenjubiläum mit dem Lustspiel „Die Gedächtnislücke“.
Dieses Foto aus dem Jahr 2000 zeigt (von links): Hedwig Grupp, Hans Beyrle und Rolf Lonek auf der Bühne – natürlich mit der richtigen Lektüre in der Hand.
(Foto: privat)
1993 haben sich nach Auflösung der Tschechoslowakei die Staaten Tschechien und Slowakei gegründet, ist Bill Clinton als Nachfolger von George Bush Senior US-Präsident geworden, ist der „Vertrag von Maastricht“ in Kraft getreten – aus der Europäischen Gemeinschaft ist die Europäische Union geworden.
Dieses Jahr 1993 ist auch für die Theatergruppe des SV Ebnat von großer Bedeutung, denn sie hat sich unter Hans Beyrle neu gegründet. Mit vier Vorstellungen von „Die Gedächtnislücke“, ein Lustspiel in drei Akten von Bernd Gombold, feiert diese Gruppe an diesem Wochenende unter Leitung von Roswitha Weber und Birgit Breitweg ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum.
Glanzvolle Zeit in den Sechzigern
Gewissermaßen erlebte das Theater in Ebnat ein Revival, denn bereits von 1949 bis 1967 wurde im „Adlersaal“, wie er auf dem Härtsfeld gemeinhin genannt wurde, Theater gespielt. Die glanzvollste Zeit habe das Theater in den Jahren 1960 bis 1963 erlebt, sagt Dietmar Förstner, Vorstand Öffentlichkeitsarbeit beim SVE. Weder den Adlersaal noch diese ursprüngliche Gruppe, ein Mix aus Mitgliedern des Sport- und des Musikvereins, gibt es noch. Doch das Ebnater Theaterspiel erfand sich nochmals neu, was in erster Linie Hans Beyrle, heutzutage Ehrenpräsident des SV Ebnat, zu verdanken ist. „Er ist der Vater unseres heutigen Theaters“, unterstreicht Förstner.
Die Idee entspringt dem Krippenspiel mit den Kindern
Entstanden ist die Idee dabei eher zufällig. Zum jeweiligen Jahresende hin hatte Beyrle, damals zweiter Vorstand, stets die Krippenspiele mit Kindern organisiert und eingeübt und viele Komplimente für die Inszenierungen bekommen. Anfragen, ob er das nicht ausweiten wolle hin zum Theaterspiel, motivierte ihn schließlich zu dem Entschluss, wieder eine Theatergruppe ins Leben zu rufen. 1992 war das, bereits ein Jahr später dann fand die Premiere „Der Gockelstreit“ statt, aus der Feder von Franz Rieder. Immer schon mit dabei war Roswitha Weber. „Irgendwann stand Hans vor meiner Tür und hat gefragt, ob ich nicht Lust dazu hätte, bei dieser Theatergruppe mitzuwirken. Mit dem DRK, den Landfrauen sowie der Trachtentanzgruppe aber hatte ich eigentlich schon genug zu tun. Ich bin dann aber mal bei den Proben vorbeigegangen und dann hat Hans mich irgendwie auf dem richtigen Fuß erwischt“, erinnert sich Weber. Seit 2010 nun leitet sie die Gruppe, Beyrle zog sich aus gesundheitlichen Gründen zurück. Sie wird bei der Regie von Birgit Breitweg tatkräftig unterstützt. Breitweg ist gemeinsam mit Fritz Arnold, Thomas Krebs und Werner Eberle ebenfalls schon über 20 Jahre mit dabei.
Elf stehen auf der Bühne, die anderen helfen drumherum
Elf Laienschauspielerinnen und Laienschauspieler umfasst die Gruppe, 25 Mitglieder zählt sie insgesamt. Das Jubiläumsstück „Die Gedächtnislücke“ sieht grundsätzlich nur zehn Akteure vor, sodass Weber kurzerhand eine Szene dazugeschrieben hatte. „Speziell bei diesem Jubiläum wollten wir alle auf der Bühne haben“, erklärt sie. Seit Oktober probt das Härtsfeld-Ensemble. Zum Jahresende haben die jeweiligen Familien nicht allzu viel von den Schauspielerinnen und Schauspielern. „Da muss die Familie schon dahinterstehen. Es ist ein bisschen wie ein Enkelkind, was man auch wieder abgeben kann – ein Dreivierteljahr haben wir ja danach wieder Pause“, sagt Weber lachend. Requisiten und Bühnenmaterial hat sie allesamt im heimischen Stadel aufbewahrt. Früher noch konnte die Gruppe alles bei der Zimmerei Gentner unterbringen, die stets unterstützt hatte. Heutzutage hilft Schreinermeister Anton Weber beim Bühnenbild mit. „Einen Schreiner braucht man natürlich beim Theater. Anton ist wirklich goldwert“, hebt Förstner hervor.
Mit ganz viel Talenten im Rucksack vom Bayerischen ins Schwäbische
Weber, die vor Jahrzehnten aus dem Bayerischen ins Schwäbische gezogen ist, ihren Dialekt aber nach wie vor nicht verhehlen kann und auch nicht möchte, hatte schon immer Spaß an und auf der Bühne. In der alten Heimat stand sie im Rahmen der Landjugend des Öfteren auf selbiger, schrieb schon früh Sketche selbst und führte diese auch eigenständig auf. „Ich habe unglaublich viel Spaß daran. Speziell in der heutigen Zeit, bei so vielen Krisen, ist es doch wunderbar, wenn man die Menschen zum Lachen bringen kann“, sagt sie mit strahlenden Augen. Weber und die Theatergruppe regeln alles auf der Bühne, der SV Ebnat alles rund herum, erklärt Förstner den Ablauf. Rund 50 Vereinsmitglieder und Freunde sind rund um die Vorstellungen im Einsatz und sorgen für die Bewirtung, ein enormer Aufwand, der sich aber stets lohne, so der Vorstand. „Es ist unglaublich, wie sich die Schauspieler mit ihren Rollen identifizieren. Hans war schon immer ein Perfektionist, Roswitha hat das akribisch weitergeführt – und das macht es so unglaublich gut. Das geht längst über den Amateurstatus hinaus.“ Tatsächlich kommen nicht nur Härtsfelder zu den Vorstellungen, das Einzugsgebiet erstrecke sich bis zu 100 Kilometer, berichten die Verantwortlichen.
Wie schon bei der Premiere ist wieder ein Gockel dabei
Mit „Die Gedächtnislücke“ schließt sich dann sogar der Kreis humorig, wie Weber befindet: „Wie schon beim Gockelstreit, unserer Premiere, kommt diesmal auch wieder ein Gockel vor. Ist das nicht wunderbar?“ Kurz vor den Auftritten steige die Nervosität, das sei aber wichtig, sagen Beyrle und Weber unisono. „Wenn die Nervosität nicht da ist, dann geht das Stück den Bach hinunter“, so Beyrle. Das möchte niemand, das wird aber auch nicht passieren, auch da sind sie sich einig in Ebnat. 30 Jahre volle Hallen lassen diese Vermutung durchaus zu.